20379#Klagelieder,1,1#1. ACH, wie sitzt so einsam die Stadt, einst reich an Volk! / wie ist sie zur Witwe geworden, die gross war unter den Völkern! / Die da Fürstin war unter den Städten, ist dienstbar geworden. / -Jer. 51,5.
20380#Klagelieder,1,2#2. Sie weint und weint durch die Nacht, Tränen auf der Wange; / keiner ist da, der sie tröste, von all ihren Liebhabern, / all ihre Freunde sind untreu, sind ihr zu Feinden geworden. /
20381#Klagelieder,1,3#3. Fort aus der Heimat ist Juda vor Elend und harter Knechtschaft; / nun weilt es unter den Heiden, findet keine Ruhstatt. / Alle seine Verfolger holen es ein inmitten der Bedrängnis. /
20382#Klagelieder,1,4#4. Die Wege nach Zion trauern, niemand pilgert zum Feste. / All ihre Tore sind verödet, ihre Priester seufzen, / ihre Jungfrauen sind verhärmt, sie selbst hat bitteres Weh. /
20383#Klagelieder,1,5#5. Ihre Bedränger sind obenauf, ihren Feinden geht es wohl; / denn der Herr hat ihr Trübsal gesandt um all ihrer Sünden willen. / Gefangen sind ihre Kindlein, von dannen gezogen vor dem Bedränger her. /
20384#Klagelieder,1,6#6. Entschwunden ist der Tochter Zion all ihre Herrlichkeit; / ihre Fürsten wurden gleich Hirschen, die keine Weide finden; / sie zogen kraftlos dahin vor dem Verfolger. /
20385#Klagelieder,1,7#7. Jerusalem gedenkt der Tage ihres Elends und ihrer Irrsal, / all ihrer Kostbarkeiten, die sie einstmals besass, / da ihr Volk in Feindeshand fiel, keiner ihr half. / Ihre Feinde schauten sie, lachten ob ihrer Vernichtung. /
20386#Klagelieder,1,8#8. Schwer hat Jerusalem gesündigt, drum ist sie zum Abscheu geworden; / die sie in Ehren hielten, verachten sie, weil sie ihre Blösse gesehen. / Auch sie selber seufzt und wendet sich ab. /
20387#Klagelieder,1,9#9. Besudelt ist ihre Schleppe, sie hat nicht das Ende bedacht. / So ist sie gar tief gefallen; niemand ist, der sie tröste. / «Ach, Herr, siehe an mein Elend, denn gross tut der Feind!» /
20388#Klagelieder,1,10#10. Der Feind hat seine Hand ausgestreckt nach allem, was sie Köstliches hatte; / denn sie hat sehen müssen, wie Heiden in ihr Heiligtum drangen, / denen du doch verboten, in deine Gemeinde zu kommen. / -Jer. 52,17-23.
20389#Klagelieder,1,11#11. All ihre Bewohner seufzen, suchen nach Brot; / was einer Köstliches hat, / das gibt er um Speise, das Leben zu fristen. / «Sieh doch, o Herr, und schaue, wie verachtet ich bin!» / -Kla. 4,9; Jer. 52,6.
20390#Klagelieder,1,12#12. «Kommt, ihr alle, die ihr vorübergeht, schauet und seht, / ob ein Schmerz sei wie der Schmerz, der mir angetan worden, / mit dem der Herr mich geschlagen am Tage seines glühenden Zorns. /
20391#Klagelieder,1,13#13. Aus der Höhe hat er Feuer / in meine Gebeine gesandt, mich gezüchtigt, / meinen Füssen hat er ein Netz gespannt, mich zurückgerissen; / er hat mich verstört, mich krank gemacht allezeit. /
20392#Klagelieder,1,14#14. Er hat gewacht über meine Sünden, sie schlangen sich um meine Hände; / sie lasten als Joch auf meinem Nacken, haben meine Kraft gebrochen. / Der Herr hat mich in die Hand derer gegeben, denen ich nicht widerstehen konnte. /
20393#Klagelieder,1,15#15. Alle Helden in meinem Bereich hat der Herr verworfen, / hat ein Fest wider mich ausgerufen, meine Jungmannschaft zu zerschmettern. / Die Kelter hat der Herr getreten der Jungfrau, der Tochter Juda. / -Jes. 63,3.
20394#Klagelieder,1,16#16. Darob weine ich, mein Auge zerfliesst in Tränen; / denn fern von mir ist der Tröster, der mich erquicken könnte. / Meine Kinder sind verstört; denn der Feind ist übermächtig.» /
20395#Klagelieder,1,17#17. Zion streckt ihre Hände aus, doch niemand ist, der sie tröste. / Der Herr hat wider Jakob entboten die Feinde ringsumher; / Jerusalem ist unter ihnen zum Abscheu geworden. /
20396#Klagelieder,1,18#18. «Der Herr allein ist im Recht; denn seinem Worte habe ich getrotzt. / Hört doch, ihr Völker alle, schaut an meinen Schmerz! / Meine Jungfrauen und Jünglinge sind gefangen von dannen gezogen. /
20397#Klagelieder,1,19#19. Ich rief meinen Liebhabern, doch sie betrogen mich; / meine Priester und Ältesten sind in der Stadt verschmachtet: / sie suchten sich Speise und fanden keine. / -Jer. 30,14.
20398#Klagelieder,1,20#20. O Herr, sieh doch, mir ist so bange, es glüht mir in der Brust; / mein Herz kehrt sich um in mir, weil ich so trotzig war. / Draussen hat mir das Schwert die Kinder geraubt und drinnen die Seuche. /
20399#Klagelieder,1,21#21. Höre doch, wie ich seufze, ohne dass einer mich tröstet! / All meine Feinde kennen mein Unglück, sie freuen sich, dass du es getan, / dass du den Tag herbeigeführt, den du ausgerufen um all meiner Sünden willen. /
20400#Klagelieder,1,22#22. All ihre Bosheit komme vor dein Angesicht! Sie mögen mir gleich werden! / Wie du mir getan hast, so tue auch ihnen! / Denn meiner Seufzer sind viel, und mein Herz ist krank.» -Jer. 8,18.
20401#Klagelieder,2,1#1. ACH, wie umwölkt in seinem Zorn der Herr die Tochter Zion! / Vom Himmel hat er zur Erde geschleudert die Herrlichkeit Israels, / hat des Schemels seiner Füsse nicht gedacht am Tag seines Zorns. /
20402#Klagelieder,2,2#2. Erbarmungslos hat der Herr vernichtet alle Auen Jakobs, / hat niedergerissen in seinem Grimm die Festen der Tochter Juda, / hat zu Boden geworfen, entweiht das Königreich und seine Fürsten. /
20403#Klagelieder,2,3#3. Abgehauen hat er in glühendem Zorn jegliches Horn-1- Israels, / hat seine Rechte zurückgezogen beim Nahen des Feindes, / hat Jakob versengt wie eine feurige Lohe, die um sich frisst. / -1) im AT häufiges Sinnbild der Kraft, vgl. 1.Sam. 2,1.
20404#Klagelieder,2,4#4. Er hat seinen Bogen gespannt wie ein Feind, dastehend wie ein Bedränger, / und alle Augenweide gemordet im Zelt der Tochter Zion; / seinen Grimm hat er ausgeschüttet wie Feuer. /
20405#Klagelieder,2,5#5. Der Herr ist geworden wie ein Feind, hat Israel vernichtet, / vernichtet alle seine Paläste, zerstört seine Festen / und Jammer auf Jammer gehäuft über die Tochter Juda. /
20406#Klagelieder,2,6#6. Er hat seine Hütte verwüstet, hat seinen Festort verheert; / in Vergessenheit gebracht hat der Herr Festtag und Sabbat in Zion, / hat König und Priester verworfen in seinem grimmigen Zorn. /
20407#Klagelieder,2,7#7. Seinen Altar hat der Herr verstossen, verworfen sein Heiligtum, / die Mauern von Zions Palästen in die Hand der Feinde gegeben; / im Hause des Herrn erscholl ihr Geschrei wie am Festtag. /
20408#Klagelieder,2,8#8. Der Herr hat beschlossen, zu verderben die Mauern der Tochter Zion; / er hat die Meßschnur ausgespannt, seiner Hand nicht gewehrt zu zerstören. / Trauern müssen Bollwerk und Mauer, allzumal härmen sie sich. / -2.Kön. 21,13.
20409#Klagelieder,2,9#9. Ihre Tore sind in die Erde versunken, zerschlagen sind ihre Riegel. / Ihr König und ihre Fürsten sind unter den Heiden, der Weisung entbehrend, / auch ihre Propheten empfangen keine Gesichte vom Herrn. /
20410#Klagelieder,2,10#10. Stumm sitzen am Boden die Ältesten der Tochter Zion, / Staub auf das Haupt gestreut, das Trauertuch umgegürtet; / die Jungfrauen Jerusalems senken das Haupt zur Erde. /
20411#Klagelieder,2,11#11. Meine Augen schwanden dahin in Tränen, es glühte mir in der Brust; / mir brach das Herz-1- ob dem Untergang der Tochter meines Volkes, / da Kindlein und Säuglinge verschmachteten auf den Plätzen der Stadt. / -1) w: «es glühten meine Eingeweide, zur Erde ward ausgeschüttet meine Leber».
20412#Klagelieder,2,12#12. Sie sprachen zu ihren Müttern: «Wo ist Brot?» / da sie wie Todwunde verschmachteten auf den Plätzen der Stadt, / da sie ihre Seelen aushauchten an der Brust ihrer Mütter. /
20413#Klagelieder,2,13#13. Was soll ich neben dich stellen, womit dich vergleichen, Tochter Jerusalem? / was dir gleichsetzen, dich zu trösten, Jungfrau, Tochter Zion? / Denn gross wie das Meer ist dein Verderben; wer könnte dich heilen? /
20414#Klagelieder,2,14#14. Deine Propheten haben dir erschaut Trug und Tünche, / haben nicht aufgedeckt deine Schuld, die Verbannung von dir zu wenden, / sie haben dir Aussprüche erschaut der Lüge und der Verführung. / -Jer. 5,31; 14,14; 23,16.
20415#Klagelieder,2,15#15. Alle, die des Weges vorübergingen, klatschten über dich in die Hände, / höhnten und schüttelten den Kopf über die Tochter Jerusalem: / «Ist das die Stadt, die man die schönste nannte, die Wonne der ganzen Erde?» / -Ps. 48,3; 50,2; Hes. 16,14.
20416#Klagelieder,2,16#16. Alle deine Feinde rissen das Maul über dich auf, / höhnten und knirschten mit den Zähnen, sprachen: «Wir haben sie vernichtet! / Ja, das ist der Tag, auf den wir gehofft; wir haben ihn erlebt, geschaut.» / -Kla. 3,46.
20417#Klagelieder,2,17#17. Der Herr hat vollbracht, was er beschlossen, hat ausgeführt, was er gedroht, / was er seit der Vorzeit befohlen, hat niedergerissen ohne Erbarmen, / den Feind über dich frohlocken lassen, das Horn-1- deiner Dränger erhoben. / -1) s. Anm. zu V. 3.
20418#Klagelieder,2,18#18. Schreie laut zum Herren, Jungfrau, Tochter Zion! / Lass strömen die Tränen wie einen Bach bei Tag und bei Nacht! / Gönne dir keine Ruhe, dein Auge raste nicht! /
20419#Klagelieder,2,19#19. Stehe auf, klage in der Nacht, zu Beginn jeder Nachtwache! / Schütte dein Herz aus wie Wasser vor dem Angesichte des Herrn! / Erhebe zu ihm deine Hände für das Leben deiner Kindlein, / die dahinschmachten vor Hunger an allen Enden der Strassen! / -Ps. 62,9.
20420#Klagelieder,2,20#20. Sieh doch, o Herr, und schaue: Wem hast du solches getan? / Sollen Mütter ihre Leibesfrucht essen, die Kinder, die sie gehätschelt? / Sollen im Heiligtum des Herrn gemordet werden Priester und Prophet? / -Jer. 19,9.
20421#Klagelieder,2,21#21. Hingestreckt auf den Strassen liegen Knabe und Greis, / meine Jungfrauen und Jünglinge sind durch das Schwert gefallen; / du hast sie gemordet am Tag deines Zorns, erbarmungslos sie geschlachtet. /
20422#Klagelieder,2,22#22. Du beriefst sie wie am Festtag aus meinen Weilern ringsum; / doch am Tage des Zornes des Herrn ist keiner entronnen, entkommen. / Die ich gehätschelt und grossgezogen, mein Feind hat sie vertilgt.
20423#Klagelieder,3,1#1. ICH bin der Mann, der Elend erfahren durch die Rute seines Grimms. /
20424#Klagelieder,3,2#2. Er hat mich getrieben, mich geführt in lichtloses Dunkel. /
20425#Klagelieder,3,3#3. Nur gegen mich kehrt er immer wieder, den ganzen Tag, seine Hand. /
20426#Klagelieder,3,4#4. Hinschwinden liess er mir Fleisch und Haut, zerbrach mein Gebein. /
20427#Klagelieder,3,5#5. Aufgetürmt hat er rings um mich Bitterkeit und Mühsal, /
20428#Klagelieder,3,6#6. hat mich in Finsternis gelegt gleich ewig Toten. /
20429#Klagelieder,3,7#7. Er hat mir jeden Ausgang versperrt, mich in schwere Fesseln geschlagen. / -Hiob 3,23; 19,8.
20430#Klagelieder,3,8#8. Ob ich gleich schreie und flehe - er verlegt meinem Gebete den Weg. /
20431#Klagelieder,3,9#9. Er hat meine Wege mit Quadern versperrt, hat krumm gemacht meine Pfade. /
20432#Klagelieder,3,10#10. Er lauert auf mich wie ein Bär, wie ein Löwe im Versteck. / -Hiob 10,16.
20433#Klagelieder,3,11#11. Er hat mich Irrwege geführt und mich zerfleischt, mich verstört. /
20434#Klagelieder,3,12#12. Er hat seinen Bogen gespannt und mich dem Pfeil zum Ziele gesetzt, / -Hiob 16,12.
20435#Klagelieder,3,13#13. hat die Söhne seines Köchers mir in die Nieren geschossen. /
20436#Klagelieder,3,14#14. Ich bin meinem ganzen Volk / zum Gelächter geworden, zum Spottlied den ganzen Tag. / -Hiob 30,9.
20437#Klagelieder,3,15#15. Er hat mich gesättigt mit Bitterkeit, mich mit Wermut getränkt. /
20438#Klagelieder,3,16#16. Er liess meine Zähne an Kies sich zerreiben, trat mich in die Asche nieder, /
20439#Klagelieder,3,17#17. verstiess meine Seele aus dem Frieden. Des Glücks vergass ich /
20440#Klagelieder,3,18#18. und dachte: Dahin ist mein Glanz, dahin meine Hoffnung auf den Herrn. /
20441#Klagelieder,3,19#19. Meines Elends und meiner Irrsal zu gedenken, ist Wermut und Gift. /
20442#Klagelieder,3,20#20. Ohne Unterlass denkt meine Seele daran und ist gebeugt in mir. /
20443#Klagelieder,3,21#21. Das will ich zu Herzen nehmen, darum will ich hoffen: /
20444#Klagelieder,3,22#22. Die Guttaten des Herrn sind noch nicht aus, ja, sie sind noch nicht zu Ende. /
20445#Klagelieder,3,23#23. Jeden Morgen neu ist sein Erbarmen, und gross ist seine Treue. /
20446#Klagelieder,3,24#24. Der Herr ist mein Teil, spricht meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen. / -Ps. 16,5; 73,26.
20447#Klagelieder,3,25#25. Der Herr ist gütig gegen den, der auf ihn hofft, gegen die Seele, die ihn sucht. /
20448#Klagelieder,3,26#26. Es ist gut, in Stille zu harren auf die Hilfe des Herrn. / -Ps. 62,2.
20449#Klagelieder,3,27#27. Es ist dem Manne gut, ein Joch zu tragen in seiner Jugend. /
20450#Klagelieder,3,28#28. Er sitze einsam und schweige, wenn er es ihm auflegt. /
20451#Klagelieder,3,29#29. Er beuge seinen Mund in den Staub, vielleicht ist noch Hoffnung. /
20452#Klagelieder,3,30#30. Er biete dem, der ihn schlägt, den Backen, lasse sich sättigen mit Schmach. / -Jes. 50,6; Mt. 5,39.
20453#Klagelieder,3,31#31. Denn der Herr wird nicht auf ewig verstossen: /
20454#Klagelieder,3,32#32. wenn er betrübt hat, erbarmt er sich wieder nach der Fülle seiner Gnade; /
20455#Klagelieder,3,33#33. denn nicht aus Lust plagt und betrübt er die Menschenkinder. /
20456#Klagelieder,3,34#34. Dass man mit Füssen tritt alle Gefangenen der Erde, /
20457#Klagelieder,3,35#35. dass man das Recht des Mannes beugt vor dem Höchsten, /
20458#Klagelieder,3,36#36. dass man den Menschen bedrückt / in seinem Rechtsstreit, sollte der Herr das nicht sehen? /
20459#Klagelieder,3,37#37. Wer kann so befehlen, dass etwas geschieht, ohne dass der Herr es geboten? /
20460#Klagelieder,3,38#38. Kommt nicht vom Munde des Höchsten so Glück wie Unglück? / -Jes. 45,7; Amos 3,6.
20461#Klagelieder,3,39#39. Worüber soll klagen der Mensch, der da lebt? Ein jeder über seine Sünde! /
20462#Klagelieder,3,40#40. Lasset uns prüfen und erforschen unsre Wege und umkehren zum Herrn! /
20463#Klagelieder,3,41#41. Lasset uns unsre Herzen als Opfer darbringen vor Gott im Himmel! /
20464#Klagelieder,3,42#42. Wir sind abtrünnig und widerspenstig gewesen; darum hast du nicht vergeben, /
20465#Klagelieder,3,43#43. hast dich in Zorn gehüllt und uns verfolgt, hast getötet und nicht geschont, /
20466#Klagelieder,3,44#44. hast dich in Gewölk gehüllt, dass das Gebet nicht hindurchdrang. /
20467#Klagelieder,3,45#45. Du hast uns zum Auswurf gemacht, zum Abscheu unter den Völkern. /
20468#Klagelieder,3,46#46. All unsre Feinde haben über uns das Maul aufgerissen; / -Kla. 2,16.
20469#Klagelieder,3,47#47. Grauen und Grube sind uns geworden, Verwüstung und Verderben. /
20470#Klagelieder,3,48#48. Von Wasserbächen strömt mein Auge ob dem Sturz meines Volkes. /
20471#Klagelieder,3,49#49. Ruhelos fliesst mein Auge und kann nicht aufhören, /
20472#Klagelieder,3,50#50. bis der Herr vom Himmel herabschaut und dareinsieht. /
20473#Klagelieder,3,51#51. Mein Auge schmerzt mich um der Töchter meiner Stadt willen. /
20474#Klagelieder,3,52#52. Gejagt haben mich wie einen Vogel, die mir feind sind ohne Ursache. /
20475#Klagelieder,3,53#53. Sie haben mein Leben in der Grube vernichtet und Steine auf mich geworfen. / -Jer. 38,6.
20476#Klagelieder,3,54#54. Die Wasser gingen über mein Haupt, ich dachte: Nun bin ich verloren. /
20477#Klagelieder,3,55#55. Ich rief deinen Namen an, o Herr, aus der Tiefe der Grube. / -Ps. 130,1.
20478#Klagelieder,3,56#56. Du hast meine Stimme gehört; verschliesse nicht dein Ohr meinem Flehen. /
20479#Klagelieder,3,57#57. Du warst nahe, als ich dich anrief; du hast gesprochen: Fürchte dich nicht! /
20480#Klagelieder,3,58#58. Du hast, o Herr, meine Sache geführt, hast mein Leben errettet. /
20481#Klagelieder,3,59#59. Du hast, o Herr, meine Unbill gesehen; hilf mir zu meinem Rechte! /
20482#Klagelieder,3,60#60. Du hast all ihre Rachgier gesehen, all ihre Anschläge wider mich, /
20483#Klagelieder,3,61#61. hast ihr Schmähen gehört, o Herr, all ihre Anschläge wider mich, /
20484#Klagelieder,3,62#62. das Gerede meiner Widersacher, die (Böses) wider mich sinnen allezeit. /
20485#Klagelieder,3,63#63. Ob sie niedersitzen oder aufstehen, / achte auf sie; ich bin ihr Spottlied. /
20486#Klagelieder,3,64#64. Du wirst ihnen vergelten, o Herr, nach dem Tun ihrer Hände, /
20487#Klagelieder,3,65#65. du wirst ihre Herzen verblenden. Dein Fluch treffe sie! /
20488#Klagelieder,3,66#66. Du wirst sie verfolgen mit Grimm, sie vertilgen unter deinem Himmel.
20489#Klagelieder,4,1#1. ACH, wie schwarz wird das Gold! wie wandelt sich das edle Metall! / Hingeschüttet werden die heiligen Steine an allen Strassenecken. /
20490#Klagelieder,4,2#2. Die Söhne Zions, die kostbaren, mit feinem Golde nur aufzuwiegen, / wie sind sie gleichgeachtet irdenen Geschirren, dem Machwerk von Töpfers Hand! /
20491#Klagelieder,4,3#3. Selbst Schakale reichen die Brust, säugen ihre Jungen; / die Tochter meines Volkes ward grausam wie die Strausse in der Wüste. /
20492#Klagelieder,4,4#4. Dem Säugling klebte die Zunge vor Durst am Gaumen; / die Kindlein verlangten nach Brot, niemand brach es ihnen. /
20493#Klagelieder,4,5#5. Die einst Leckerbissen gegessen, verschmachteten auf den Strassen; / die man auf Purpur hegte, mussten auf Düngerhaufen liegen. /
20494#Klagelieder,4,6#6. So war denn die Schuld meines Volkes grösser als Sodoms Sünde, / das im Nu zerstört ward ohne Zutun von Menschenhand. /
20495#Klagelieder,4,7#7. Seine Fürsten waren reiner als Schnee, weisser als Milch; / ihr Leib war röter als Korallen, wie Saphir ihre Gestalt. /
20496#Klagelieder,4,8#8. Ihr Aussehen ist schwärzer geworden als Russ, man erkennt sie nicht auf den Gassen; / ihre Haut klebt an ihrem Gebein, sie ist trocken geworden wie Holz. /
20497#Klagelieder,4,9#9. Glücklicher waren, die das Schwert erschlug, als die der Hunger erschlug, / die, (vom Hunger) durchbohrt, hinschmachteten, aus Mangel an Früchten des Feldes. /
20498#Klagelieder,4,10#10. Weichherzige Frauen haben mit eignen Händen ihre Kinder gekocht; / sie sind ihre Speise geworden beim Sturz meines Volkes. / -Kla. 2,20; Jer. 19,9.
20499#Klagelieder,4,11#11. Voll ausgewirkt hat der Herr seinen Grimm, ausgeschüttet die Glut seines Zorns, / hat Feuer an Zion gelegt; das hat seine Grundfesten verzehrt. /
20500#Klagelieder,4,12#12. Nicht hätten's geglaubt die Könige der Erde, nicht die Bewohner alle der Welt, / dass ein Dränger und Feind eindringen würde in Jerusalems Tore. /
20501#Klagelieder,4,13#13. Ob der Sünden seiner Propheten ist es geschehen, ob der Schuld seiner Priester, / die das Blut der Gerechten darin vergossen haben. /
20502#Klagelieder,4,14#14. Sie taumelten durch die Strassen wie Blinde, befleckt mit Blut, / sodass man ihre Kleider nicht anrühren durfte. /
20503#Klagelieder,4,15#15. «Weicht aus! ein Unreiner!» rief man vor ihnen, «weicht aus! berührt ihn nicht! / Wenn sie umhertaumeln wollen, so sollen sie nicht ferner hier bleiben!» /
20504#Klagelieder,4,16#16. Der Herr selber hat sie zerstreut, er will sie nimmermehr ansehen. / Der Priester achtete er nicht, erbarmte sich nicht über die Ältesten. /
20505#Klagelieder,4,17#17. Stetsfort schmachteten unsre Augen nach der Hilfe - vergebens! / Auf unsrer Warte spähten wir nach einem Volk, das nicht hilft. /
20506#Klagelieder,4,18#18. Man lauerte auf unsre Schritte, dass wir kaum über einen freien Platz gehen konnten. / Unser Ende war nahe, / unsre Tage hatten sich erfüllt; ja, unser Ende war gekommen. /
20507#Klagelieder,4,19#19. Unsre Verfolger waren schneller als die Adler des Himmels; / auf den Bergen haben sie nach uns gejagt, auf uns gelauert in der Wüste. /
20508#Klagelieder,4,20#20. Unser Lebenshauch, der Gesalbte des Herrn, ward in ihren Gruben gefangen, / er, von dem wir sagten: «In seinem Schatten werden wir leben unter den Völkern.» / -Jer. 52,8.11.
20509#Klagelieder,4,21#21. Freue dich nur und frohlocke, Tochter Edom, die du wohnst im Lande Uz! / Auch an dich wird der Kelch kommen; du wirst trunken werden und dich entblössen. / -Jer. 25,15.21; 49,12.
20510#Klagelieder,4,22#22. Deine Schuld ist getilgt, Tochter Zion; er wird dich nicht mehr in die Verbannung führen. / Deine Schuld, Tochter Edom, sucht er heim, deckt auf deine Sünden. -Jes. 40,2.
20511#Klagelieder,5,1#1. GEDENKE, o Herr, was uns geschehen, schau her und sieh unsre Schmach! /
20512#Klagelieder,5,2#2. Unser Erbe ist Fremden zugefallen, Ausländern unsre Häuser. /
20513#Klagelieder,5,3#3. Wir sind Waisen geworden, vaterlos, unsre Mütter zu Witwen. /
20514#Klagelieder,5,4#4. Das Wasser, das wir trinken, müssen wir bezahlen, nur um Geld bekommen wir Holz. /
20515#Klagelieder,5,5#5. Auf dem Nacken sitzen uns die Verfolger; wir sind ermattet, man gönnt uns nicht Ruhe. /
20516#Klagelieder,5,6#6. Den Ägyptern unterwerfen wir uns, den Assyrern, um uns satt zu essen. /
20517#Klagelieder,5,7#7. Unsre Väter haben gesündigt, sie sind nicht mehr; und wir, wir tragen ihre Schuld. /
20518#Klagelieder,5,8#8. Knechte beherrschen uns, niemand entreisst uns ihrer Hand. /
20519#Klagelieder,5,9#9. Mit Lebensgefahr holen wir unser Brot, in Furcht vor dem Schwert der Wüste. /
20520#Klagelieder,5,10#10. Unsre Haut glüht wie ein Ofen vor den Gluten des Hungers. /
20521#Klagelieder,5,11#11. Frauen wurden in Zion geschändet, Mädchen in den Städten Judas. /
20522#Klagelieder,5,12#12. Die Fürsten wurden durch ihre Hand gehängt, die Ältesten nicht geehrt. /
20523#Klagelieder,5,13#13. Jünglinge mussten die Handmühle tragen, und Knaben strauchelten unter der Holzlast. /
20524#Klagelieder,5,14#14. Die Greise beraten nicht mehr im Tor, die Jünglinge lassen ihr Saitenspiel. /
20525#Klagelieder,5,15#15. Die Freude unsres Herzens hat ein Ende, unser Reigen hat sich in Klage verkehrt. /
20526#Klagelieder,5,16#16. Die Krone unsres Hauptes ist gefallen. Wehe uns, dass wir gesündigt haben! / -Jer. 13,18.
20527#Klagelieder,5,17#17. Darob ist unser Herz krank geworden, darob sind unsre Augen trübe, /
20528#Klagelieder,5,18#18. dass der Berg Zion wüste liegt, dass Füchse darauf streifen. /
20529#Klagelieder,5,19#19. Du, o Herr, thronest in Ewigkeit, dein Thron steht für und für. / -Ps. 9,8; 102,13; 103,19.
20530#Klagelieder,5,20#20. Warum willst du unser auf immer vergessen, uns so lange verlassen? /
20531#Klagelieder,5,21#21. Führe uns zu dir zurück, o Herr, auf dass wir wiederkehren! / Erneuere unsre Tage wie vor alters! / -Jer. 17,14; 31,18.
20532#Klagelieder,5,22#22. Oder hast du uns gänzlich verworfen, zürnest uns gar so sehr?